von Kaoru Kurimoto und Norbert Stöbe

Japanische Autoren sind anders. Zumindest anders als die heutigen Europäischen und Amerikanischen. Denn sie haben Zeit. Nicht in dem Sinne das sie sich vielleicht Zeit lassen ein Buch zu schreiben, sondern n der Art wie sie es formulieren. Ähnlich wie das in der westlichen Literatur in den 50er und 60er Jahren üblich war. Keine Hektik und Zeit sich einen Charakter entwickeln zu lassen.

So ist das auch bei Im Auge des Leoparden. Sie hat alle Zeit der Welt und startet doch sofort mit einem furiosen Auftakt. Zwei Prinzenkinder, Rinda und Remus, tauchen im dunklen Wald auf, verfolgt von Kämpfern, die sie um jeden Preis fassen wollen. Dort treffen sie auf einen großen kräftigen Mann, dessen Gesicht von einem Leopardenkopf bedeckt ist, der sich nicht entfernen lässt. Auch scheint dieser Krieger kein Gedächtnis zu besitzen, denn er weiß nur seinen Namen aber weder etwas über sich oder seine Herkunft.

Aber kaum werden Bruder und Schwester von den Häschern angegriffen, entwickelt sich der sanfte Riese zu einer unglaublichen Kampfmaschine. Innerhalb kürzester Zeit hat der waffenlose Mann die Reiter bezwungen und niedergemacht, um danach wieder in seine hilflos scheinende Unwissenheit zu gleiten. Auch über die Gefahren des unheimlichen Rood-Waldes scheint er etwas zu wissen, denn es gelingt ihm die erste Nacht mit den Kindern zu überleben, was angesichts der Ereignisse kaum zu glauben ist. Denn da tummeln sich böse Geister und unheimliche Monster, die alle darauf bedacht sind lebende Menschen auszulöschen. Am schrecklichsten aber sind die Ghule, die sich scheinbar im ersten Moment töten lassen aber wieder gestärkt auftauchen um noch schrecklicher über jedes Lebewesen, welches nicht in den dunklen Wald gehört, herzufallen.

Um zu überleben bleibt den drei Gestrandeten nur, sich den Häschern zu ergeben, um diesem nächtlichen Horror zu entkommen. Ob das allerdings eine gute Option ist, scheint zweifelhaft, denn der Befehlshaber Lord Vanor, der Verfolger der Prinzengeschwister ist eine mehr als bedrohliche Gestalt. Nicht nur das er mit einer schrecklichen ansteckenden Krankheit geschlagen ist, nein, er ist auch krank im Geiste.

Der Leser wird einfach so in die Handlung geworfen, genauso wie die handelnden Hauptpersonen. Nichts wird erklärt und man muss sich erst einmal durch die Action lesen um überhaupt an Informationen zu gelangen. So gesehen ist das wie im richtigen Leben. Man bekommt oft auch keine Erklärungen, sondern muss erst einmal selber sehen was eigentlich Sache ist. Kaoru Kurimoto wartet direkt mit einigen fulminanten Actionszenen auf. Der Überlebenskampf im Rood-Wald, der Kampf mit dem Affenwesen und schließlich der Großangriff der kleinen Seem, die in ungeheuren Massen die Burg angreifen und alles und jeden Niedermetzeln.

Dazwischen schafft sie es uns die beiden Prinzenkinder aus Parros näher zu bringen. Der Bruder, Remus, scheint zu Beginn der Handlung noch der ängstlichere der Beiden zu sein. Aber dem Leser ist klar, das da mehr in ihm stecken muss, als er selber vermutet. Die Schwester, Rinda, zeigt sofort ihre besonderen Fähigkeiten, denn sie hat die besondere Gabe sich in die Menschen hineinzuversetzen und ihre Gefühle zu erfassen.

Am merkwürdigsten aber ist Guin, der Krieger mit der Leopardenmaske. Er weiß selber nichts von sich, ist aber anscheinend allen Situationen gewachsen. Ohne es bewusst zu wissen, kennt er die Gefahren des Rood-Waldes und stellt sich innerhalb weniger Augenblicke auf Dinge ein, bei denen klar ist, er muss sie entweder schon einmal selber erlebt haben oder zumindest vor seinem Gedächtnisverlust davon gehört haben.

Kurimoto versteckt all dies hinter der Action, ganz so wie in einem Manga-Comic oder einem japanischen Schwertfilm. Das Buch erweckt auch genau diesen zeitlichen Ablauf. Momente der Ruhe und dann plötzlich ausbrechende Gewalttätigkeiten. Aber diese sind nie nur wegen des Effektes da, sondern entstehen aus der Handlung und lassen sich meist nicht umgehen, eben wie in einem japanischen Film üblich.

Band 1 der Guin-Saga lässt sich flüssig lesen und macht Spaß, wenn man sich darauf einlässt, das nicht alles wie im US-amerikanischen Popcorn-Kino abläuft. Sie lässt sich Zeit die Charakter zu entwickeln. Wahrscheinlich auch deswegen, weil sie die Saga auf 100 Bände festgelegt hat. Davon sind in Japan bereits 90 erschienen. Sollten diese alle auch hier in Deutschland veröffentlicht werden, kann man sich auf eine lange Reihe freuen, in der sich mit der Zeit immer mehr Schichten der Charaktere entblättern werden. Man muss nur die Geduld und die Muße dazu mitbringen.


Medium Taschenbuch
Buch Genre Roman
Erscheinungjahr2005
Verlag/LabelBlanvalet
AutorKaoru Kurimoto und Norbert Stöbe
ISBN/Asin978-3442243235
Seitenzahl284