von Josef Hilger

Vor vielen Jahren hatte ein Mann einen Traum. Nein, nicht Rolf Honold (der Erfinder der Raumpatrouille), sondern Josef Hilger. Als ich ihn und sein Orionmuseum damals besuchte, da er zählte er mir, er habe den Traum eines Tages ein Buch zu schreiben, das möglichst jeden Aspekt der Raumpatrouille erfassen würde. Und diesen Traum ließ er nicht los, bis er ihn im Jahre 2000 tatsächlich verwirklichen konnte.

Ein wenig war ich damals enttäuscht, hatte ich doch bei meinem Besuch diese wundervollen Farbfotos gesehen und erwartet ein paar davon im Buch wiederzufinden. Dieser Erwartung wurde jetzt erfüllt. In der erweiterten Neuausgabe befinden sich einige wenige dieser Farbfotos. Auch wenn sie ein wenig Rotstichig sind, so vermitteln sie doch einen Eindruck, wie es auf dem Set aussah und wie die Serie vielleicht in einer Farbversion ausgesehen hätte. Ob sie dann allerdings diesen ganz speziellen Flair besessen hätte? Wer weiß.

Die vorliegende Neuausgabe hat ein neues Formate bekommen und ist in einer Paperbackausgabe erschienen, das wie ein übergroßes Taschenbuch wirkt. Und in dieser Form macht es einen gewaltigen und gewichtigen Eindruck. Es ist aufgeteilt in den Prolog, sieben Kapitel und den Anhängen. Und genau wie die erste Auflage, beginnt sie mit den Einleitungsworten aus der Serie: „Was heute noch wie ein Märchen klingt, kann morgen Wirklichkeit sein.“ Im Prolog gibt uns Josef Hilger einen kurzen Abriss darüber, was es bedeutet solch ein umfangreiches Werk über diese einzigartige deutsche SF-Fernsehserie in Angriff zu nehmen und es schließlich zu einem Abschluss zu führen. Ausdauer, Ideenreichtum, Optimismus, Überredungskunst, Tatendrang und eine sehr tolerante Familie.

Im ersten Kapitel dann blättert er vor dem Auge des Lesers die Idee, ihren Erfinder und die beteiligten Autoren auf. Erstaunlich dabei, dass Rolf Honold seine Idee einer SF-Serie bereits 1960 an die Bavaria verkaufen konnte, unter dem Titel „Terra ruft Andromeda“. Aber trotz intensiver Vorbereitungen konnte dieses Konzept nicht umgesetzt werden. Aber Honold ließ nicht locker und so konnte 1965 die Dreharbeiten zu „Raumpatrouille Orion“ abgeschlossen werden. Seine Hartnäckigkeit hatte sich ausgezahlt.

Kapitel II erzählt etwas über die Welt im Jahre 3000, in der die Serie angesiedelt ist. Es reichte den Autoren nämlich nicht einfach nur eine Serie zu erschaffen. Sie sollte auch glaubwürdig sein und so mußte ein ganzes Universum erschaffen werden, mit all den Dingen, die es vielleicht in einer fernen Zukunft geben könnte. Das einige dieser Dinge aus heutiger Sicht völlig veraltet zu sein scheinen, liegt natürlich an der rasanten technischen Entwicklung unserer realen Welt. Aber wenn wir eines Tages, in weiteren 40 Jahren, auf die heutigen SF-Szenarien schauen werden, so werden auch diese in Teilbereichen wieder völlig antiquiert wirken.

Dann stellt uns Josef Hilger, in Kapitel III, die einzelnen Folgen vor. Zudem gibt er einen Überblick über die Ausstrahlungspolitik des Fernsehens und wie es hätte weitergehen können vor. Einerseits gab es eine inoffizielle Fortsetzung, oder vielmehr eine Persiflierung der Raumpatrouille, in der Serie „Familie Leitmüller“. Zudem veröffentlichte Rolf Honold in den Jahren 1967 bis 68 fünf weitere Raumpatrouille-Folgen in der Zeitschrift „Praline“, die in kompletter Form im Buch abgedruckt wurden. Ein Schmankerl für jeden Fan, vor allem da diese Kurzromane durch glückliche Umstände vor dem Vergessen bewahrt werden konnten.

In Kapitel IV wird dem Leser die Bavaria und das beteiligte Team vorgestellt. Was wäre eine Serie denn schon, ohne begeisterte Macher, die voll hinter einem Projekt stehen und viel Zeit und Liebe in dieses investieren. Und nach den Aussagen vieler Beteiligter, die Josef Hilger in unermüdlichen Interviews und Briefwechseln sammelte, haben sie dies auch getan.

Nachdem es also einen Überblick über den Erfinder und die weiteren Autoren gab, die Bavaria vorgestellt wurde und die einzelnen Folgen und ihre Ableger, kommen wir, in Kapitel V, ans eingemachte: Tricks, Design und Hintergründe. Mitte der 60er Jahre gab es nämlich noch keine ausgefeilte Tricktechnik für SF-Serien. Alles musste neu erfunden werden und so machte sich die Mannschaft auf um diese futuristische Welt mit Leben und Technik zu erfüllen. Und dies taten sie mit einem erstaunlichen Ideen- und Erfindungsreichtum. Warum ausgerechnet immer wieder das Bügeleisen erwähnt wurde, erschließt sich dem Fan nicht unbedingt. Vielleicht, weil es so einfach zu erkennen war? Aber was ist mit diesen chromglänzenden Armaturen, die überall eingesetzt wurden, den Schaltern und anderen Asessoires? Sie werden keines zweiten Blickes gewürdigt, dabei sind sie doch Badeausstattungskatalogen entnommen und „Zweckentfremdet“ eingesetzt worden, tragen aber wundervoll zum Ambiente der Serie bei. Allein die Idee und Umsetzung der Astroscheibe ist glänzend und unterstützte die Schauspieler bei ihren Leistungen. Nehmen wir als Beispiel einmal den Hauptbildschirm aus der US-Serie Star Trek. Dort mussten die Schauspieler auf eine leere Wand starren und ihre eigene Fantasie bemühen. Bei der Raumpatrouille wurde über einen Projektor tatsächlich etwas auf die Astroscheibe projiziert und die Schauspieler konnten entsprechend reagieren. So wirkte dieses Ausrüstungsstück wie echt, ebenso, wie die kleinen Monitore, über die es eine direkte Verbindung zum Maschinenraum und Waffenleitstand gab.

In Kapitel VI kommt der Autor dann zu den eigentlichen Dreharbeiten, mit ihrer Technik und dem zeitlichen Ablauf. Hier gibt es eine Übersicht über die damaligen technischen Verfahren, einen Einblick über den Drehverlauf und wie ein Drehbuch aufgebaut ist. Außerdem beantwortet der Autor die Frage, die alle Fans interessiert: Warum wurde die Raumpatrouille niemals fortgesetzt? Professor Jedel, der damalige Leiter der Bavaria sagte es so: „Weitermachen wäre, in Bezug auf die Bavaria, einer Art Selbstmord gleichgekommen. Ich stand vor der Frage: Wollen wir das wirklich fortsetzen und damit Selbstmord begehen, finanziell und personalmäßig? Zugunsten der Bavaria mußte ich daher nein zu einer Fortsetzung der Raumpatrouille sagen.“ Die sieben Folgen hatten die Bavaria an den Rand des Machbaren gebracht und alle Beteiligten waren vollkommen ausgepowert. 1½ Jahre hatte sie nur ein Thema gekannt, Raumpatrouille. Um überleben zu können mussten andere Bereiche fortgeführt und neue erschlossen werden.

Das letzte Kapitel VII, setzt sich mit den Reaktionen auf die Orion bis heute auseinander. Hier gibt Josef Hilger einen Überblick über die Pressestimmen im Laufe der Zeit, von 1966 bis ins Jahr 2003. Dazu gibt es eine Menge wissenschaftliche und filmhistorische Betrachtungen. Auch das Thema Merchandising wird abgehandelt. Immerhin gab es einige spärliche Dinge, die man natürlich nicht mit der heutigen Überfülle vergleichen darf. An dieser Stelle seien da nur die Quartettspiele, mit den Farbfotos, erwähnt, sowie diverse Schallplatten und CDs, oder die in wenigen Auflagen gebaute HM4, der Laserwaffe aus der Serie. Aber auch die Fans und ihre Fanclubs finden ihren Platz in diesem umfangreichen Werk, mit ihren weitgefassten Aktivitäten.

Überhaupt sind die Informationen auf den prall gefüllten 466 Seiten sehr umfassend. Unser Ratschlag: Schauen Sie sich die einzelnen Kapitel und Abschnitte im Inhaltsverzeichnis an, wählen Sie gezielt aus und lesen in mehreren Etappen. Ansonsten ist die Menge an Infos einfach zu erschlagend, auch wenn das gesamte Buch immer unterhaltend und gut lesbar ist. Gespickt sind die einzelnen Infos immer wieder mit kleinen Anekdoten und Erinnerungen der Beteiligten, sowie jeder Menge Fotos, auch Abseits der üblichen Promotion-Ausgaben. Ein Highlight sind natürlich die in der Mitte befindlichen Farbfotos. Auch an den ausführlichen Anhängen kann man sehen, welche Mühe sich Josef Hilger mit seinem Buch gemacht hat. Anhand dieser Infos, konnte ich z.B. in Erfahrung bringen, wann ich die Raumpatrouille das erste Mal gesehen habe, oder welche Bücher es allein im Raumpatrouille-Universum gegeben hat.

Wer sich also für eine bemerkenswerte SF-Serie aus deutschen Landen interessiert, die verdientermaßen Kultstatus erlangt hat, und dazu ein umfassendes, geradezu „erschlagendes“ Fachbuch lesen möchte, das wirklich alles beinhaltet, was es zu diesem Thema zu erzählen gibt, und dieses dabei auch noch unterhaltsam und informativ ist, der sollte sich dieses Buch unbedingt anschaffen. Für den Fan sowieso unverzichtbar.


Medium Taschenbuch
Buch Genre Sachbuch
Erscheinungjahr2005
Verlag/LabelSchwarzkopf & Schwarzkopf
AutorJosef Hilger
ISBN/Asin978-3896026262
Seitenzahl467