von Auf Tod oder Leben

Es ist schon erstaunlich, aber manche Bücher machen es einem so einfach sie zu lesen und zu besprechen. Bei anderen tud man sich unsäglich schwer erst einmal in die Pötte zu kommen. Zu ersten Kategorie gehört in meinem Fall Karl May. Ich nehme schwer an weil ich sie als Kind schon so gern gelesen habe. Allerdings muß ich einschränkend dazu sagen, nur die Reiseerzählungen. Einmal angefangen konnte ich meist nicht aufhören zu lesen und hatte erst Ruhe wenn die letzte Seite umgeblättert war.

Nach meiner Rezension zum Hörbuch „In den Kordilleren“ stöberte ich ein wenig auf den Webseiten des Karl May Verlages herum. Interessant was es da alles gab! Nicht nur die Hörbücher als MP3-Version, sondern auch als mehrfache CD-Ausführung. Und neue Buchtitel ebenfalls, natürlich Rund um den Schriftsteller aus Sachsen. Die sogenannte Sekundärliteratur, mit Titeln wie „Auf Tod oder Leben“. Natürlich erregte das meine Aufmerksamkeit und ich bestellte diesen Titel zur Rezension.

Es erwartete mich ein Buch im typischen Karl May Verlag Stil, dem grünen Einband mit goldgefaßten Rahmen und farbiger Deckel-Illustration von Ewald Thiel (er schuf 104 Holzstiche für die verschiedensten Karl May Werke). Das Buch erweckte gleich wieder Erinnerungen in mir, durch sein Format und seine Haptik. Kleiner als ein Taschenbuch und doch gebunden in einer gewohnt hochwertigen Qualität. Unwillkürlich mußte ich an meinen Bücherschrank gehen und einige meiner alten Ausgaben aus den 60er und 70er Jahren in die Hand nehmen. Wie oben schon erwähnt, Erinnerungen, freundliche Erinnerungen an all die Abenteuer, die ich als kleiner Junge mit und durch die Reiseerzählungen Mays erlebte. Und kaum hatte ich dieses Buch in der Hand überfielen sie mich wieder und entlockten mir ein Lächeln.

Doch worum geht es eigentlich in diesem Buch? „Das Buch der Kämpfe mit so manchem Tipp“ ausgewählt von Uwe Nessler und Heinz Mees. An dieser Stelle möchte ich aus dem Vorwort zitieren: „Genau wie ein Regisseur setzt er seine im Drehbuch festgehaltenen Szenarien unter möglichst großem Spannungsbogen um. Da werden Figuren und Standorte und Kommentare zugewiesen, die Kostümierung und das Umfeld genau geschildert. Der Leser steht außerhalb, ihm wird suggeriert, dass das vorgeführte, überlegene Können der ‘guten’ Helden zum Besiegen eines jeden Gegners ausreicht und er mit Gelassenheit dem Geschehen folgen kann. ... Bei den geschilderten Kämpfen und Duellen steht der Autor immer auf der Seite des intellektuell überlegenen und scheinbar körperlich unterlegenen Davids, der gegen den unvermeidlich körperlich übermächtigen Goliath anzutreten hat.“

Also eine Sammlung von Kämpfen, Zweikämpfen, Duellen und anderen zu diesem Titel passenden Geschichten. Bunt gemischt aus den Reiseerzählungen, Kolportageromanen und Roman des Karl May. Ab und an mit einem Kommentar versehen, das aber leider nur spärlich. Trotzdem ist man als interessierter Leser sofort begeistert und folgt den fast immer spannend geschriebenen Geschehnissen. Dabei fällt auf das May mit zunehmenden Alter immer weniger körperliche oder Waffengewalt anwendet und seine Figuren den Weg der waffenlosen Gewalt, nämlich der List und Überredungskunst gehen. Hier erhält der Leser eine geballte Ladung an genau diesen Szenen und der wird, wenn er früher einmal Karl May Romane gelesen hat, den ein oder anderen Titel sofort erkennen und sich erinnern. Und auch mir, der ich ein leidenschaftlicher Leser der Reiseerzählungen bin, bringt dieser Band Erzählungen nahe, die ich sonst nie kennen gelernt hätte. Denn Mays Romane sind mir irgendwie zu „fern“. Nur bei den Reiseerzählungen komme ich in den Sog der Geschichte und fiebere bei jedem Kapitel mit.

Das Buch „Auf Tod oder Leben“ ist also ein gut gelungener Rundumschlag der das Motto ziemlich erschöpfend behandelt. Man erhält Einblicke in die einzelnen Schaffensperioden der Autors, lernt Romane kennen, die man bisher eher nicht beachtet hätte und bekommt noch ein paar Anmerkungen dazu von den Hearausgebern. An dieser Stelle hätte ich mir ein wenig mehr an Erklärungen gewünscht. Vielleicht wie May an diese Kamperzählungen heran gegangen ist, soweit man das natürlich erforschen konnte. Immerhin bekommt man im Vorwort noch ein wenig von der Zeit mit, denn „Ruft man sich das Medienumfeld im späten 19.Jahrhundert in Erinnerung - Kino, Rundfunk und Fernsehen gab es nicht -, so muß man feststellen, dass außer der Presse und der Litzeratur vor allem umherziehenden ‘Völkerschauen’, zoologische Gärten und der Zirkus die Vermittlung von Kenntnissen über fremde Völker, Tiere und deren Eigentschaften übernahmen.“ Kein Wunder also das Mays Reiseerzählungen solch einen Anklang fanden. Sie waren nicht nur unterhaltsam, sondern vermittelten auch noch den Eindruck das der Autor wirklich an diesen völlig fremden Orten gewesen sei. Und in dieser geballten Ladung an Duellen und Vorführungen kann man sehen wie ähnlich seine Beschreibungen waren und welche Vielfalt er mit Worten doch zaubern konnte.

Wer sich also für Karl May und/oder Abenteuerromane interessiert, der sollte sich diesen Band zulegen, denn er gibt einen wundervollen Einblick in das Maysche Schaffen und seine Zeit. Zudem kommt bei der Art des Ausdruckes aus dieser Zeit ein gewisses Gefühl von Phantastik auf, denn irgendwie ist diese Sprache so fern und dann auch wieder so nah, das es für den Leser ein Genuß ist diese speziellen Ausschnitte aus Mays Schaffenswelt zu Lesen.


Medium gebundene Ausgabe
Erscheinungjahr2010
Verlag/LabelKarl May Verlag
AutorAuf Tod oder Leben
ISBN/Asin978-3-7802-0188-1
Seitenzahl512